Die Bindung an Beziehungstraumen

Homayoun Shahri

Bioenergetic Analysis • The Clinical Journal of the IIBA, 2019 (29) DE, 105–113

https://doi.org/10.30820/0743-4804-2019-29-DE-105 CC BY-NC-ND 4.0 www.bioenergetic-analysis.com

Zusammenfassung

In diesem Paper werde ich die psychische Bindung an Beziehungstraumen aus Perspektive der Objektbeziehungstheorie diskutieren. Ich werde zeigen, dass Beziehungstraumen ein Äquivalent zu Objektbeziehungskonflikten bilden und ähnlich wie intrapsychische Übergangsobjekte fungieren. Ich werde auch Prozesse und Techniken einführen, die bei der Auflösung von Beziehungstraumen helfen können.

Schlüsselwörter: Beziehungstrauma, internaler Konflikt, struktureller Konflikt, Objektbeziehungskonflikt, Übergangsobjekt.

Einleitung

In unserem Kopf befindet sich ein innerer Kommentator, der den ganzen Tag tätig ist. Dieser Kommentator erinnert uns in einer Art fortlaufendem inneren Dialog ständig daran, dass wir nicht gut genug sind. Dies erzeugt eine scheinbar unendliche innere Anstrengung. Der innere Dialog, der durch den inneren Kommentator herbeigeführt wird, macht uns ängstlich, wütend, angespannt etc. Dieser scheinbar ruhige und indirekte innere Kommentator macht uns das Leben zur Hölle! Der innere Kommentator ist der Niederschlag all dessen, was uns in unserer Kindheit von wichtigen Bezugspersonen usw. erzählt wurde (Introjekte). Der innere Kommentator wird durch psychische Konflikte oder schlicht internale Konflikte geformt. Die internalen Konflikte sind das Resultat von Konflikten zwischen dem, was uns in unserer Kindheit in den wichtigen prägenden Jahren erzählt wurde, und unserem wahren Selbst. Diese mächtigen Botschaften aus unserer Kindheit werden zu einem Teil unserer Psyche, und wenn sie unserem wahren Selbst zuwiderlaufen, verwandeln sie unser Leben in einen ständigen Kriegsschauplatz.

Wie schalten wir den inneren Kommentator aus? In diesem Beitrag werde ich zunächst eine gründliche theoretische Ausarbeitung der Entstehung, der Ursprünge und der Funktionsweise des inneren Kommentators darlegen und werde zeigen, wie er ähnlich wie ein intrapsychisches Übergangsprojekt fungiert. Ich werde Prozesse und Techniken beschreiben, um ihn auszuschalten oder leiser zu machen. Diese Techniken beruhen auf oder sind inspiriert durch die Arbeit von Robert Hilton. Im gesamten Text werde ich die Begriffe internernaler Konflikt, Objektbeziehungskonflikte und Beziehungstrauma synonym verwenden.

Theoretische Ausarbeitung

In diesem Abschnitt werde ich zunächst den Prozess der Entstehung des inneren Kommentators anhand der Objektbeziehungstheorie beschreiben. Die Objektbeziehungstheorie beschreibt den dynamischen Prozess von Entwicklung und Wachstum des Kindes in Beziehung zu realen Anderen (äußere Objekte). Der Begriff »Objekte« bezieht sich sowohl auf reale, externale Andere als auch auf internalisierte Abbilder von Anderen. Objektbeziehungen entstehen in den entwicklungspsychologischen Phasen durch Interaktionen mit den primären Bezugspersonen. Diese frühen Muster können durch Erfahrungen verändert werden, haben aber häufig einen anhaltend starken Einfluss auf die Interaktionen einer Person mit Anderen, der oft lebenslang andauert. Der Begriff »Objektbeziehungstheorie« wurde formal durch Fairbairn (1952) eingeführt. Er postulierte, dass das Kind das Objekt (sowie die Objektbeziehungen), auf das sich Liebe und Hass richten, verinnerlicht und in zwei Teile aufspaltet, nämlich in das gute Objekt und das schlechte oder unterdrückende Objekt. Die gute (idealisierte) Objektrepräsentation ist wichtig und notwendig, um das Leben weiterzuführen, und wird während des ganzen Lebens innerlich aufgesucht. Das falsche Selbst identifiziert sich mit dem unterdrückenden Objekt und hält den ursprünglichen Trieb, der die Nähe des guten Objekts sucht, in Schach (Shahri, 2014).

An diesem Punkt möchte ich die Idee der partiellen Internalisierung einführen. Fairbairn und andere Objkektbeziehungstheoretiker haben die partielle Internalisierung nicht vollständig diskutiert. Dorpat (1976) unterscheidet zwischen strukturellen Konflikten (vollständige Internalisierung) und Objektbeziehungskonflikten (partielle Internalisierung). Strukturelle Konflikte beruhen auf vollständig internalisierten Objekten, bei denen beide Aspekte des Konflikts komplett vom Individuum internalisiert wurden, zum Beispiel: »Ich möchte etwas tun, weiß aber, dass es falsch ist und werde es daher nicht tun.« Im Falle von Objektbeziehungskonflikten jedoch wird die Person einen starken Widerspruch zwischen ihren eigenen Bedürfnissen und Wünschen und denen der internalisierten Anderen verspüren. Dieser Widerspruch wird als quälender innerer Dialog erlebt und kann als partielle Internalisierung externaler Objekte verstanden werden (Dorpat, 1976).

Das vollständig internalisierte Objekt ist ich-synton und sichert den Kontakt mit dem Objekt, da das Objekt zur Gänze akzeptiert wurde und seinen Wünschen entsprochen wird. Im Wesentlichen sind vollständig internalisierte Objekte idealisierte Selbstobjekte. Hingegen sind Selbstobjekte in der Selbstpsychologie (Kohut, 1971) internale Repräsentationen äußerer Objekte, die als Teil des Selbst erlebt werden. Idealisierte Selbstobjekte sind die primären Ressourcen und Objektbeziehungen, die das »Selbst« ansteuert, um Unterstützung zu erhalten. Dies führt dazu, dass der Kontakt mit dem Objekt aufrecht erhalten wird, während sich das Selbstgefühl verringert.

Partiell internalisierte Objekte sind ich-dyston und führen zu Objektbeziehungskonflikten. Im Falle partiell internalisierter Objekte gibt es ständige Konflikte zwischen den Wünschen des wahren Selbst und denen der internalisierten Anderen. Jede Entscheidung ist schwierig und quälend und wird von verstörenden Kommentaren begleitet. In diesem Falle wird nur ein schwacher Kontakt mit den externalen Objekten erreicht und aufrecht erhalten, was zu Angst, Reizbarkeit, Ärger, Schuldgefühlen usw. führt. Dieses Phänomen nenne ich Beziehungstrauma.

Winnicott (1951) führte das Konzept von Übergangsobjekten ein, um den Gebrauch von äußeren Gegenständen durch das Kind zu erklären, um die Angst, die durch die vorübergehende Abwesenheit der primären Bezugspersonen entsteht, zu kompensieren. In Bezug auf das Übergangsobjekt schreibt Winnicott (1951): »Das Objekt wird liebevoll geknuddelt sowie eifrig geliebt und verstümmelt.« Er (ebd.) schreibt außerdem: »Die Mutter lässt es [das Übergangsobjekt] schmutzig und sogar übelriechend werden, da sie weiß, dass sie durch das Waschen die Kontinuität im Erleben des Kindes unterbrechen würde, ein Bruch, der die Bedeutung und den Wert, den das Objekt für das Kind besitzt, zerstören könnte.«

Winnicott (1949) beschreibt die Überaktivierung der mentalen Funktionen als Reaktion auf bestimmte Versagensweisen der primären Bezugspersonen, was zu einem Konflikt zwischen Geist und Körper-Psyche führt. In einer solchen Situation, so Winnicott (1949), beginnen die Gedanken des Individuums zu dominieren und so die (Für-)Sorge für die Körper-Psyche zu ermöglichen.

Ich schlage vor, dass das Beziehungstrauma (der innere Kommentator) sehr ähnlich funktioniert wie intrapsychische Übergangsobjekte. Solange es einen inneren Kommentator gibt, erzeugt dies die Illusion, dass man nicht alleine ist. Das Subjekt (das »Selbst«) verwirft die Illusion einer Rückkehr des guten Objekts, von dem es Bestätigung und Anerkennung sucht, jedoch nicht. Objektbeziehungskonflikte fungieren daher als Gedanken und mentale Aktivitäten, die die Fürsorge für die Körper-Psyche übernehmen und organisieren und hierdurch existenzielle Verlassenheitsängste reduzieren. Solange der Objektbeziehungskonflikt anhält, wird im Geist die Illusion erzeugt, dass ein Objekt existiert, auf welches man sich bezieht, und die Person kann in einem gewissen Maße seine Ängste vor dem Alleinsein und der Verlassenheit vermeiden. Mental behandelt die Person den Objektbeziehungskonflikt sehr ähnlich wie ein Übergangsobjekt, da auf beide Liebe und Hass sowie Zuneigung und Verstümmelungsimpulse gerichtet werden. Diese Konflikte werden mit der Zeit – sehr ähnlich wie Übergangsobjekte – schmutzig, unordentlich und stinkend. Und die Person ist in dieser Beziehung gefangen.

Corrigan und Gordon (1995) führten das Konzept intrapsychischer Objekte ein, welche sehr ähnlich wie Objektbeziehungen in der Psyche eingebettet sein können. Der Abstand zwischen einem Reiz und der Reaktion wird hiernach in der mentalen Welt ausgehandelt. Wenn diese Welt relevant ist, erzeugt die Person ein Objekt um die Psyche des Subjekts schützen. Dies ist das mentale Objekt (Boris, 1995). Corrigan und Gordon (1995, S. 21) schreiben:

»Wir implizieren, dass das mentale Objekt – ein Objekt, an das eine starke Bindung existiert – ein Übergangsobjekt ersetzt und dieses Übergangsphänomen zu seiner Domäne hinzufügt. Aber die Psyche als Objekt ist eine Illusion. Die klinische Aufgabe ist es, eine Zwischenzone als einen Ort zu reetablieren, wo das Leben gelebt wird – wo Freude am Gebrauch des Geistes als etwas expressivem und gegenseitigem gelebt werden kann.«

In diesem Abschnitt habe ich, basierend auf der Objektbeziehungstheorie, gezeigt, dass Beziehungstraumen oder Objektbeziehungskonflikte als mentale Äquivalente zu mentalen Übergangsobjekten oder einfach mentalen Objekten betrachtet werden können. Im folgenden Abschnitt werde ich therapeutische Prozesse und Techniken zur Behandlung von Beziehungstraumen vorstellen.

Therapeutische Ansätze

Falls meine Hypothese stimmt, dass Objektbeziehungskonflikte (oder Beziehungstraumen) tatsächlich als mentale Übergangsobjekte in der Psyche fungieren, sind diese Übergangsobjekte nicht mehr notwendig und können aufgegeben werden, sobald das gute Objekt zurückkehrt. Winnicott (1951, S. 233) schreibt:

»Es ist sein Schicksal [des Übergangsobjekts], dass es schrittweise zerfallen darf, sodass es im Laufe der Jahre nicht so sehr vergessen, sondern völlig ausgelöscht wird. Damit meine ich, dass im Falle eines Gesunden das Übergangsobjekt nicht ›nach innen‹ geht oder das mit ihm verbundene Gefühl notwendigerweise unterdrückt wird. Es wird nicht vergessen und es wird nicht betrauert. Es verliert seine Bedeutung, und das liegt daran, dass die Übergangsphänomene zerstreut wurden, dass sie über das Zwischengebiet zwischen ›innerer psychischer Realität‹ und ›der externen Welt, wie sie von zwei Personen gemeinsam erlebt wird‹, will sagen: über das gesamte kulturelle Feld, verteilt wurden.«

Dies war meine Erfahrung mit Robert Hilton. In meiner frühen Arbeit mit Bob durchlebte ich verschiedene Beziehungstraumen, die psychisch sehr verstörend und kraftraubend waren. Sie beeinflussten mich mein gesamtes Leben. Bob sagte mir, »Zeige mir deine Ängste.« Ich war mir nicht sicher, was er damit meinte. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich meine Verbindung zu ihm spürte, und auf einmal schwächte sich meine Bindung an meine Beziehungstraumen auf magische Weise. Viele Jahre später sagte ich zu Bob, »Ich weiß jetzt, was du meintest, als du mir sagtest, dass ich dir meine Ängste zeigen soll. Du meintest, dass ich mit dir in Kontakt bleiben solle, während ich sie erfahre.« Er bestätigte, dass es das sei, was er meinte.

In meiner Therapie mit Bob war er das gute Objekt, das ich brauchte, und wenn ich meine Verbindung und seine Präsenz spürte, brauchte ich meine Beziehungstraumen nicht länger festhalten und mich an sie als internale Übergangsobjekte binden. Ich konnte sie einfach aufgeben. Meine ursprüngliche Einsicht in diesen Prozess tauchte auf, als ich darüber nachdachte, was ich wohl spüren würde, wenn der innere Kommentator verschwunden wäre und die Objektbeziehungskonflikte sich spontan lösen würden. Ich spürte, dass ich existenzielle Einsamkeit und ein Gefühl von beinahe völliger Isolation verspüren würde, wenn dies einträte. In diesem Augenblick verstand ich die Funktion von Objektbeziehungskonflikten.

Ich diskutierte meine Hypothese mit Bob und er stimmte mir zu, dass Objektbeziehungskonflikte in der Tat ähnlich wie Übergangsobjekte fungieren könnten. Ich musste etwa zwei Jahre lang mit Bob arbeiten, bis ich meine Beziehungstraumen aufgelöst hatte. Als ich dieses Verständnis von Beziehungstraumen erlangt hatte, suchte ich nach Wegen, um die Dauer des Prozesses zu verkürzen. Wenn ich mit Klienten arbeite, bitte ich sie mit mir in Kontakt zu bleiben und ihre Verbindung mit mir (dem guten Objekt) zu spüren, während sie ihre internalen Konflikte ausdrücken. Jedes Mal, wenn ich diesen Prozess mit Klienten wiederhole, wird der innere Kommentator leiser (basierend auf Hebbs synaptischer Plastizität, wonach neue neuronale Netzwerke stärker werden, wenn sie aktiviert werden). Ich diskutierte dies mit Bob und seine Antwort war: »Ja, dies sollte den inneren Kommentar modulieren, da es lange dauert, bis der Kontakt mit dem guten Objekt etabliert ist. Aber Sie bitten die Klienten, die Kontrolle über die Verbindung mit Ihnen zu behalten und in sich aufzunehmen, was sie aufnehmen können.«

Ich entwickelte dann einen anderen Ansatz. Ich wollte die Klienten von ihrem Objektbeziehungskonflikt entkoppeln, während sie mit mir arbeiteten. Um dies zu erreichen, bat ich die Klienten, sich ihres Körpers bewusst zu sein. Das Körperbewusstsein kann man sich als somatisches Korrelat des Selbstempfindens vorstellen. Ich bat die Klienten dann, in Kontakt und in Verbindung mit mir zu bleiben, während sie ihres Körpers gewahr waren. Ich wies die Klienten an, dass sie, um die Verbindung und den Kontakt mit mir zu spüren, den Abstand zwischen sich und mir wahrnehmen und mir dabei in die Augen schauen sollten. Das Fühlen des Abstands zwischen ihnen und mir kann man als die somatische Entsprechung der Verbindung betrachten. Dieser Schritt macht den Klienten auf die Gegenwart des guten Objekts aufmerksam, welches auf der somatischen Ebene gespürt wird.

Die Ergebnisse waren erstaunlich. Wenn die Klienten über ihre Objektbeziehungskonflikte sprachen, während sie sich ihres Körpers bewusst waren und ihre Verbindung mit mir spürten, wurde der innere Kommentar leiser. Jedes Mal, wenn wir den Prozess wiederholten, wurde die innere Stimme sanfter. Nach meiner Erfahrung wird die innere Stimme (Kommentator) praktisch stumm, wenn man diesen Prozess etliche Male (Sitzungen) wiederholt. Als ich diesen Ansatz mit Bob teilte, bemerkte er, dass dies ein praktischer Weg sein könnte, um Objektbeziehungskonflikte zu lösen.

Der Erfolg dieses Ansatzes setzt natürlich die Auflösung des Widerstandes und die Bearbeitung der negativen Übertragung voraus. Die Klienten müssen eine positive therapeutische Beziehung mit dem Therapeuten etabliert haben. Wenn die Gegenwart des guten Objekts gefühlt werden kann, kann die Funktion des Objektbeziehungskonflikts als mentalem Übergangsobjekt aufgegeben werden.

Die Technik

Wenn Klienten zu uns kommen, haben ihre Beschwerden häufig mit Objektbeziehungskonflikten zu tun. Sie haben vielleicht internale Konflikte oder interpersonale Konflikte, die durch die Aktivierung von Objektbeziehungskonflikten ausgelöst wurden. In Abbildung 1 zeige ich den Prozess der Arbeit mit Beziehungstraumen. Ich ziehe meinen Stuhl etwas näher an den Klienten heran und bitte sie, das Bewusstsein ihres Körpers beizubehalten (vom Hals abwärts, um zu vermeiden, dass sie »im Kopf« bleiben) und normal zu atmen. Es kann sein, dass ich den Klienten zunächst beibringen muss, wie sie ihres Körpers bewusst bleiben können. Ich bitte sie dann, mit mir im Kontakt zu bleiben. Häufig muss ich die Klienten darin unterweisen, was mit mir im Kontakt bleiben bedeutet und wie sie dies tun können. Ich bitte sie in der Regel, mir in die Augen zu schauen und sich des Abstands zwischen uns bewusst zu sein. Dann bitte ich sie, sich gleichzeitig ihres Körpers bewusst zu sein und den Kontakt mit mir aufrecht zu halten. Nach etwas Training können Klienten diesen Schritten folgen. Ich bitte sie dann, mir von ihrem Objektbeziehungskonflikt, ihren Beziehungstraumen oder interpersonalen Konflikten zu erzählen. Sie bemerken sehr schnell, dass ihre emotionalen Reaktionen verstummen oder weniger prominent werden, während sie über ihre Beziehungstraumen reden. Sie berichten mir, dass ihre emotionalen Reaktionen jedes Mal schwächer werden, wenn sie in den Sitzungen von ihren Beziehungstraumen berichten.

Arbeit mit Beziehungstraumen

Der Fall Jenny

Jenny ist eine 24 Jahre alte Frau, die zu mir kam, um ihre Sorgen und Ängste zu bearbeiten. Sie erwähnte, dass ihr Vater ein äußerst wütender Mensch sei und sie seit ihrer Kindheit sehr viel Angst vor ihm habe. Die Angst war in ihren Augen und ihrem Gesicht deutlich erkennbar. Sie deutete auch an, dass sie sich nicht durch ihre Mutter unterstützt fühle, die eine passive Frau sei und auch Angst vor ihrem Ehemann habe. Ich arbeitete fast ein Jahr lang mit Jenny. Sie konnte relativ früh in ihrer Therapie eine Beziehung zu mir aufbauen, und mit der Zeit wurden ihre Sorgen und Ängste weniger prononciert. Sie wurde dennoch weiterhin von ihnen geplagt. Jenny machte Yoga und war in der Lage, mit ihrem Bewusstsein im Körper zu bleiben und wusste, was hiermit gemeint ist. In einer Sitzung bat ich sie, sich ihres Körpers vom Hals abwärts bewusst zu bleiben und auch im Kontakt mit mir zu bleiben, während sie über ihren Vater und ihre Angst vor ihm redete. Sie deutete an, dass ihre Angst weniger wurde, während sie dies tat. In der nächsten Sitzung berichtete sie, dass ihre Ängste vor ihrem Vater weniger stark, aber weiterhin vorhanden seien. Wir wiederholten diesen Prozess und wiederum nahm ihre Angst vor ihrem Vater ab. Nachdem wir den Prozess mehrmals wiederholt hatten, berichtete sie, dass die Ängste verschwunden seien und dass sie bei einer Gelegenheit ihren Vater zur Rede stellen konnte. Zu ihrer Überraschung hörte ihr Vater ihr zu und begrüßte, dass sie für sich selbst einstehen könne. Zusammengefasst kann man sagen, dass sie nicht mehr an ihr Beziehungstrauma gebunden war. Später fragte ich Jenny einmal, wie es gewesen sei, wenn sie ohne Angst vor ihrem Vater gewesen wäre, bevor sie mit mir zu arbeiten anfing. Zunächst meinte sie, »Großartig!« Dann fragte ich sie, was sie als nächstes gefühlt hätte. Ihre Antwort war äußerst interessant. Sie antwortete, »Ich hätte mich so isoliert und einsam gefühlt!« Es wurde mir klar, dass die Rolle, die der Objektbeziehungskonflikt bzw. das Beziehungstrauma spielen, sehr der von intrapsychischen Übergangsobjekten ähnelt.

Ich habe die in diesem Paper dargestellte Technik viele Male angewendet und die Ergebnisse waren durchgängig sehr ähnlich. Sie zeigen deutlich, dass Objektbeziehungskonflikte oder Beziehungstraumen die Illusion erzeugen, dass man nicht allein ist und dass dort jemand ist, mit dem sie konfligieren. Diese Objektbeziehungskonflikte fungieren, wie ich bereits diskutiert habe, sehr ähnlich wie Übergangsobjekte, weshalb ich sie intrapsychische Übergangsobjekte genannt habe.

Das dargestellte Fallbeispiel zeigt auch, dass die oben erwähnte Technik die Heilung von Beziehungstraumen bewirken kann. Als Jenny die Gegenwart des guten Objekts und ihren Körper spüren konnte, konnte sie das internalisierte schlechte Objekt allmählich loslassen und sich mit dem »guten« Objekt verbinden, welches annehmend, fürsorglich, wertungsfrei und empathisch ist. Sie benötigte den Kommentator in ihrem Kopf nicht mehr um zu spüren, dass sie nicht allein war, da sie den Kontakt zum guten Objekt und sich selbst (ihrem eigenen Körper) spürte. Mit der Zeit internalisierte Jenny ihren Kontakt mit mir und konnte den Kommentator in ihrem Kopf fast völlig zum verstummen bringen, und hierdurch ihr Leben aus ihrem wahren Selbst heraus führen.

Fazit

In diesem Paper habe ich die Bindung an Beziehungstraumen diskutiert und eine theoretische Grundlage für ihre Ursprünge und Ätiologie dargelegt. Basierend auf der Objektbeziehungstheorie habe ich gezeigt, dass Beziehungstraumen oder Objektbeziehungskonflikte sehr ähnlich wie intrapsychische Übergangsobjekte fungieren können und habe therapeutische Ansätze für die Behandlung von Beziehungstraumen aufgezeigt. Auf Basis der präsentierten Ergebnisse ist es evident, dass die Theorie mit der Praxis übereinstimmt, da die Objektbeziehungstheorie einen praktischen Ansatz zur Heilung von Beziehungstraumen aufzeigt und da die Anwendungen dieses Ansatzes die Theorie bestätigen.

Danksagung

Ich möchte Robert Hilton meine tiefe Dankbarkeit ausdrücken. Die Entwicklung der in diesem Paper präsentierten Techniken wäre ohne meine Arbeit mit Bob nicht möglich gewesen. Ich stehe in seiner Schuld, weil er meiner Theorie Gehör geschenkt hat, sie mit mir diskutierte und seine eigenen Ideen und Theorien eingebracht hat. Ich möchte auch den anonymen Gutachtern für ihre aufmerksamen und wertvollen Kommentare zu dem in diesem Paper präsentierten Material danken.

Übersetzung: Steve Hofmann

Literatur

Boris, H.N. (1995). Of two minds: the mind’s relation with itself. In E.G. Corrigan & P.-E. Gordon (Hrsg.), The Mind Object, Precocity and Pathology of Self-Sufficiency. Northvale, NJ: Jason Aronson.

Corrigan, E.G. & Gordon, P.-E. (1995). The mind as an object. In E.G. Corrigan & P.-E. Gordon (Hrsg.), The Mind Object, Precocity and Pathology of Self-Sufficiency. Northvale, NJ: Jason Aronson.

Dorpat, T. (1976). Structural conflicts and object relations conflicts. Journal of the American Psychoanalytic Association, 24(4), 855–874.

Hilton, R. (2008). Relational Somatic Psychotherapy. Hrsg v. M. Sieck. Santa Barbara, CA: Santa Barbara Graduate Institute.

Kohut, H. (1971). The Analysis of the Self. New York, NY: International Universities Press.

Shahri, H. (2014). Analysis of developmental trauma. The Clinical Journal of the IIBA, 24, 41–62.

Winnicott, D.W. (1975[1949]). Mind and its relation to the psyche-soma. In D.W. Winnicott, Through Pediatrics to Psychoanalysis. New York, NY: Basic Books.

Winnicott, D.W. (1975[1951]). Transitional objects and transitional phenomenon. In D.W. Winnicott, Through Pediatrics to Psychoanalysis. New York, NY: Basic Books.

Der Autor

Homayoun Shahri, Ph.D., M.A., CBT, LMFT, erhielt seinen Doktorgrad in Elektroingenieurwesen mit Spezialierung auf Codierung und Informationstheorie von der Lehigh University im Jahre 1990 und seinen Master in klinischer und somatischer Psychologie vom Santa Barbara Graduate Institute (welches jetzt Teil der Chicago School of Professional Psychology ist) im Jahre 2012. Er ist zugelassener Ehe- und Familientherapeut und betreibt eine private Praxis in Irvine, CA, USA. Homayoun ist Certified Bioenergetic Therapist (CBT) und Mitglied des International Institute of Bioenergetic Analysis (IIBA) und des Southern California Institute for Bioenergetic Analysis (SCIBA). Homayoun ist Mitglied der United States Association of Body Psychotherapy (USABP) und des Peer Review Board des International Body Psychotherapy Journal.

www.ravonkavi.com
homayoun.shahri@ravonkavi.com